Pädagogische Grundlagen und Ziele unserer Arbeit

Ziel ist eine soziale Integration und eine Hinführung zu altersgemäßen Fähigkeiten und weiter zu einem selbstverantworteten Leben. Dazu ist es notwendig, traumatische Erfahrungen abzubauen, Erlebnisse zu vermitteln und Beziehungen anzubieten, die Sinnerfüllung und Selbstvertrauen fördern. Aus diesem Grund bieten wir den jungen Menschen ein familienorientiertes Setting mit konstanten Bezugspersonen, überschaubarem Rahmen und mit einem höchstmöglich authentischen Beziehungsangebot. Eine authentische Beziehungsgestaltung ist die Grundlage unserer pädagogischen Arbeit. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betreuen und versorgen die aufgenommenen jungen Menschen rund um die Uhr.

 

Spätestens mit dem Aufkommen des systemischen Denkens ist es unüblich, die Kinder isoliert von ihren sozialen Systemen, mit denen sie untrennbar und in vielfältigen Verknüpfungen verbunden sind, zu betrachten. Es ist sinnvoll, die Verhaltensoriginalitäten der jungen Menschen als Funktion im Gesamtsystem zu verstehen. Von diesem Gedanken ausgehend, dass ihre Verweigerungshaltung nicht beabsichtigt destruktiv, sondern funktional im Beziehungssystem beheimatet ist, ist es unser Anliegen, ihr Handeln auch als Funktion im Gesamtsystem, sowohl der Familie als auch im Gesellschaftssystem ihres Kulturkreises zu betrachten. 

 

Die Betreuung des jungen Menschen in einer Erziehungsstelle/Familienwohngruppe ist an den Zielvereinbarungen der Hilfeplanung nach § 36 Absatz 1 bis 4 SGB VIII definiert und ausgerichtet. Die Hilfeplanung regelt den Bedarf, die Art der Hilfe und die Feststellung der notwendigen Leistungen. Die Entscheidung über die angezeigte Hilfeart wird im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte des Jugendamtes und der Erziehungsstelle und des Trägers (Team-Entscheidung) getroffen und zusammen mit den Personensorgeberechtigten und dem Minderjährigen in Form eines „Hilfeplans“ aufgestellt. Die Beteiligung mehrerer Fachkräfte in diesem Hilfeplanverfahren stellt sicher, dass unterschiedliche Sichtweisen berücksichtigt werden. So werden vermeintlich fachliche Einschätzungen, die nicht vollständig von persönlichen Bewertungen getrennt werden können, objektiviert. Die Hilfeplanung dient als zentrales Koordinierungsinstrument der Qualitätssicherung, der Selbstkontrolle und der Transparenz von Entscheidungsprozessen. „Diese Form der Zusammenarbeit trägt erheblich dazu bei, dass die sozialpädagogischen Ziele als gemeinsame Aufgabe aller Beteiligten verstanden und Konflikte […] konstruktiv und einvernehmlich gelöst werden können […]“1.

 

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unternehmen die notwendigen pädagogischen Schritte, die betreuten Kinder/Jugendlichen zu befähigen, ihrem Alter entsprechend, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Durch die Pflege der rhythmischen Prozesse von Tagesabläufen, der Wochen, Monate, Jahreszeiten sowie der Gestaltung der Jahresfeste im Zusammenhang mit der Wirkung einer natürlichen ländlichen Umgebung wird auch im Zeitablauf Sicherheit und Kontinuität vermittelt. Notwendige Haus- und Gartenarbeit und die Pflege und Versorgung der Tiere ergänzen diesen Prozess. Wir verzichten bewusst auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Haus-, Garten- und Tierpflege. Alle sozialen Prozesse, Zeitstrukturen, Arbeiten und Pflichten beruhen auf Notwendigkeiten, die sich aus der Lebensgemeinschaft ergeben. So wird den Kindern und Jugendlichen ein Umfeld zur Verfügung gestellt, das zur eigenen Wertschätzung, zur Wertschätzung anderer und zur Wertschätzung der Umwelt erzieht. Die soziale Entwicklung wird von den verantwortlichen Betreuerinnen und Betreuern in regelmäßigen Abständen überprüft und verifiziert. Jugendliche werden, ihrem Alter entsprechend, in diesen Prozess mit einbezogen.

 

Durch ausgewählte Konzert- und Theaterbesuche wird eine Begegnung mit dem klassischen mitteleuropäischen Kulturerbe angeregt. Begleitend hierzu steht eine entsprechend sortierte Bibliothek zur Verfügung. Durch regelmäßige Leseabende streben wir, von Märchen über Abenteuerromane, die Hinführung zur klassischen Literatur an. Die Kinder/Jugendlichen haben die Möglichkeit, ein Instrument zu lernen.

 

Bei entsprechender Indikation sind wir in der Lage, existenzielle (Survival-)Naturerfahrungen zu vermitteln. In der Regel beschränken sich diese Aktivitäten aber auf Radtouren, Wandern, Camping-Freizeiten und Urlaubsreisen.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fördern eine Integration in die Gemeinschaft, in das soziale Umfeld und unterstützen bei der Persönlichkeitsentwicklung. Die pädagogisch-therapeutischen Fachkräfte arbeiten mit den jungen Menschen Fehlentwicklungen im Leistungs- und Sozialverhalten auf und begleiten sie bei der Aufarbeitung ihrer Biografien. Bei Bedarf wird der Gesundheitsfürsorge nachgekommen, indem erforderliche medizinische und/oder therapeutische Maßnahmen eingeleitet werden.

 

1Johannes Falterbaum 2003: Rechtliche Grundlagen sozialer Arbeit – 
  Eine praxisorientierte Einführung; W. Kohlhammer, Stuttgart, Seite 128.

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